Galerie Hubert Winter

Chantal Michel
17. Oktober – 15. November 2008
Am Ende scheint es, als hätte ich zum ersten – und letztenmal nicht die
Gespenstergeschichte geschrieben, die ich gefürchtet habe, sondern eine
iebesgeschichte, so kreisförmig wie das Verlangen (und das Streben danach), eine Geschichte, die damit endet, daß wir zum Schluß ein Ganzes bilden werden im Schatten einer Blutbuche.
Bis dahin ...
Die letzten Zeilen in: Gore Vidal, Palimsest. Dt. v F. Griese, Hbg., Hoffmann und Campe, 1996.

Die Schweizerin Chantal Michel (geb. 1968, lebt und arbeitet in Thun) schlüpfte in ihrer Serie 'Die letzten Zeugen' (2005) in die Rolle des verstorbenen Malers Coghuf und bezog Quartier in seinem verlassenen Atelier. (Coghuf, geb. 28. Oktober 1905 in Basel; gestorben 13. Februar 1976 in Muriaux, eigentlich Ernst Stocker, war ein schweizerischer Maler, Zeichner und Bildhauer.) Was sie fotografisch zutage förderte, liest sich wie ein Bildroman. Gespenstische Szenen eines realen Lebens verschmelzen mit mutmaßlichen Rekonstruktionen und leibhaftig nachgestellten Portraits. Coghuf, die Person, sein Leben, seine Kunst, sein Atelier werden von der Künstlerin reanimiert und zugleich zur Interpretationsvorlage für ihre Kunst und Selbstinszenierung. Vorbild und Abbild, Modell und Künstler, männlich, weiblich, Raum, Fläche, Vergangenheit und Gegenwart. Realität und Fiktion, das Medium Fotografie macht sie ununterscheidbar, verleiht ihnen eine multiple Identität. Nach der Ausstellung von Mary Ellen Carroll 'Semblable' ist dies erneut eine Auseinandersetzung mit den Begriffen 'Original', 'Fälschung', 'Kopie' und 'Doppelgänger'.

  • Review: Wiener Zeitung (PDF)
  • Review: DER STANDARD, 23.10.2008 (JPG)