Galerie Hubert Winter

Danica Phelps
29. September – 4. November 2006
Die Ordnung, die du um dich herum siehst, ist eigentlich Unordnung, und die Unordnung ist die wirkliche Ordnung. Und das Ende der Welt ist der Anfang der Welt. Das wollte ich dir sagen.
Die letzten Zeilen in: Dezsö Kosztolányi, Die Abenteuer des Kornél Esti (1936). Dt.v.Ch.Viragh. Berlin, Rowohlt, 2006.

Als der sozial engagierte englische Moralschriftsteller Samuel Smiles (geb.1816 in Haddington, Schottland) seinen Büchern über u.a. den 'Charakter' und die 'Selbsthilfe' ein Buch über 'Die Sparsamkeit' folgen ließ (deutsch erschienen in Leipzig bei J.J. Weber 1876), da widmete er die letzten sechs Seiten seines 629 Seiten umfassenden Werkes, das die Sparsamkeit in allen ihren Erscheinungsformen beschreibt, der Kunst.
'Eine nette und saubere Häuslichkeit, gleichviel wie klein sie sein mag, wenn sie nur gesund ist, Fenster, in welche Sonnenschein hineinscheinen kann, ein paar gute Bücher (und wer müßte denn ohne ein paar gute Bücher sein in diesen Tagen allgemeiner Wohlfeilheit?) - keine mahnenden Schuldner an der Tür, der Brotschrank gut versehen und eine Blume in der Stube - Niemand ist so arm, daß er diese Elemente des Wohlbefindens nicht um sich haben könnte. Aber weshalb neben den Schönheiten der Natur nicht auch Geschmack finden an den Schönheiten der Kunst? Warum nicht ein Bild in der Stube aufhängen?'
Und weiter: 'Macht das Bild uns Freude, wenn wir es betrachten? Das ist ein guter Beweis für seinen Wert. Man kann seiner überdrüssig werden, unser Geschmack kann über dasselbe hinauswachsen und etwas Besseres verlangen...Dann wird man das geringere Bild herunternehmen und an seine Stelle eins hängen, das eine höhere Idee verkörpert. So kann an den Zimmerwänden sich ein steter Fortschritt in der Kunst vollziehen. Wenn die Bilder eingerahmt werden können, um so besser; wo nicht, einerlei, nur immer hinauf mit ihnen!'
Muss man aber immer den Menschen Hinweise auf die höhere Realität geben in Form von Ideen, Symbolen, Gebräuchen, Bildern.
Lewis Hyde schreibt in seinem Buch 'The Gift' (zitiert aus Jacob Needleman, 'Geld und der Sinn des Lebens', Ffm, Insel, 1993): 'In diesem Buch gehen wir davon aus, daß ein Kunstwerk ein Geschenk ist, keine Ware. Oder um die moderne Situation präziser zu formulieren, daß Kunstwerke in zwei "Wirtschaftssystemen" existieren, einer Marktwirtschaft und einer Geschenkwirtschaft. Aber nur eine ist wichtig: Ein Kunstwerk kann ohne den Markt überleben, aber wo kein Geschenk ist, ist auch keine Kunst (...)' Und weiter: ' (...) die Religionen verbieten oft den Verkauf heiliger Gegenstände, was heißen soll, daß ihre Heiligkeit verlorengeht, wenn sie gekauft und verkauft werden. Mit einem Kunstwerk scheint es nicht so leicht zu sein; es kann auf dem Markt verkauft werden und trotzdem als Kunstwerk wieder auftauchen. Aber wenn es stimmt, daß auf dem Kunstmarkt durch die Arbeit des Künstlers den Zuschauern ein Geschenk gemacht wird, und wenn ich damit recht habe, wenn ich sage, daß es, wo kein Geschenk ist, keine Kunst gibt, dann könnte es möglich sein, ein Kunstwerk zu zerstören, indem man es in eine reine Ware umwandelt.'

Danica Phelps hat in ihren Arbeiten den Gedanken der zwei 'Wirtschaftssysteme' perfekt wie kaum ein anderer Künstler verwirklicht.
Lassen wir uns von ihr beschenken, indem wir kaufen.