Galerie Hubert Winter

Richard Nonas
9. September – 16. October 1999
"Hebe den Rumpf meines Kanus hoch,
sein Rumpf ist wie schwebender Altweibersommer,
sein Rumpf ist wie ein trockenes Bananenblatt,
sein Rumpf ist wie Flaum."
Bisila-Zauberspruch. Aus: Bronislaw Malinowski, Argonauten des westlichen Pazifik (1921).

Eine Marke zu besitzen oder am Aufbau einer Marke zu wirken, ist zum ultimativen Zielpunkt breitester Kunst-(Künstler-)aktivitäten geworden.

Das war nicht immer so. Das Jahr 1999 lädt vor der bevorstehenden Jahrhundert- und Jahrtausendwende in besonderer Weise zum Rückblick ein. Brachte doch das fast abgelaufene 20. Jahrhundert mehr Veränderungen für die Kunst als die gesamte Kunstgeschichte zuvor.
Die Herkunft der Markenidee - das Brandmarken der Felle von Tieren, um ihnen damit eine unverwechselbare Kennzeichnung nach Herkunft und Qualität zu geben - liegt nach wie vor dem gesamten Markenwesen zugrunde.

Aber warum drängt alles zur Marke, zum Licht? Vom Fensterreiniger, Fußballverein, der Formel 1, der Fast-Food-Kette, der Künstler? (Vielleicht entstand aus diesem Drang die Zuschreibung eines jüngeren österreichischen Künstlers in einem rezenten Magazin als "führender Minimal-Künstler").
Die vielleicht wichtigste Veränderung am Ende unseres Jahrhunderts ist in der Explosion der Mikro-, Makro-, ja in globalökonomischen Kommunikationstechniken und Kommunikationsmöglichkeiten zu sehen. Jede Kommunikation ohne unverwechselbaren Herkunfts-, Qualitäts- und Leistungsbezug ist kaum möglich, sonst erreicht Kommunikation nicht ihr angestrebtes Ziel und den intendierten Erfolg. Erst wenn "Marke" entsteht und zum Speicherchip im Kopf der Sammler wird, kann Kommunikationsleistung Wirkung erreichen.

Aber, Künstler aufgepasst: Jedwede Markierung ist noch lange nicht "Marke". Trotzdem wird das Künstler-Markenuniversum weiter bereichert werden. Das Ziel ist, viele neue Fixsterne zu schaffen und möglichst wenig Sternschnuppen.

Mögliche Andere-Gegen-Verweigerungs-Strategien:
Lose Vereinigungen, vielleicht sogar Freundschaften - oder Rückbesinnung auf Vergangenes:
Im März 1974 in 112 Greene Street, New York "Anarchitecture Show" mit Laurie Anderson, Tina Girouard, Suzanne Harris, Jene Highstein, Bernard Kirschenbaum, Richard Landry, Gordon Matta-Clark, Richard Nonas.
Richard Nonas: "Gordon (Matta-Clark) bestand darauf, daß alle Arbeiten in dieser Ausstellung das gleiche Format (40x50 cm) haben sollten. Mit Ausnahme von Laurie Anderson und mir, wir beide zeigten Zeichnungen, und Jene Highsteins, der eine Photo-Collage zeigte, waren alle anderen Arbeiten Photographien. Die Werke wurden anonym installiert, und es war nicht so sehr eine Ausstellung von Kunstobjekten als ein Bericht über deren Auffinden".


RICHARD NONAS, geb. 1936 in New York, lebt in New York.
besuchte 1956 erstmals Mexiko und verbrachte danach einige Zeit mit Havasupi-Indianern am Grand Canyon. Darüber schrieb er 1957.
In weiterer Folge studierte er bei Margaret Mead und John Honigmann und machte Feldarbeit bei verschiedenen Indianerstämmen in Northern Ontario (Krähen-Indianer) und am Yukon und Ross River (mit Athabaskin Indianern).
1963 verließ Richard Nonas die University of North Carolina, um fast zwei Jahre im südlichen Arizona/ Nordmexiko mit Papago-Indianern in dem kleinen Dorf Ali Chuk zu leben.
Ende 1964 unterrichtete er Anthropologie am Queens College in New York und schrieb ein Buch über die Papago-Indianer (publiziert 1965).
1966 Entschluß, die Anthropologie aufzugeben und sich der Kunst zuzuwenden.
Die ersten Skulpturen aus gefundenem Holz (das meiste davon zusammengeklaubt im Central Park) entstehen.
Am Beginn der 70er Jahre Mitbegründer einiger der frühesten Alternative Spaces in New York (z.B. 112 Greene Street, 10 Bleecker Street, P.S.1)
1973/74 Mitglied der losen Künstlergruppe ANARCHITECTURE (mit Gordon Matta-Clark, Laurie Anderson, Jene Highstein, Trisha Brown, Suzanne Harris, Dicky Landry ua).

Ausstellungen in Auswahl:
1971 New York, 10 Bleecker Street. 1973 New York, The Clocktower; San Francisco, Daniel Weinberg Gallery; New York, Whitney Museum (Biennial). 1974 München, Galerie Rüdiger Schöttle. 1975 New York, Holly Solomon Gallery; Bari, Marilena Bonomo; New York, The Clocktower. 1976 Stuttgart, Hetzler+Keller; Milano, Salvatore Ala. 1977 Long Island City, P.S.1; Kassel, Documenta 6. 1978 New York, John Weber Gallery; Rom, UgoFerranti; Brüssel, Albert Baronian; Zürich, Annemarie Verna. 1979 NewYork, John Weber Gallery; Zürich, InK; Milano, Salvatore Ala; Chicago, Young Hoffman Gallery.1980 Toronto, Art Gallery of Ontario; New York, Oil and Steel Gallery. 1981 Yonkers New York, Hudson River Museum. Ab1982 zahlreiche große Outdoor-Projekte. 1985 Zürich, Annemarie Verna; New York, Jack Tilton; Roslyn Heights, NY Nassau County Museum. 1986 Lund, Anders Tornberg; Santa Barbara, Pamela Auchincloss; Santa Barbara, Museum of Art. 1988 Los Angeles, Ace Contemporary Exhibitions; Madrid, Centro de Arte Reina Sofia, Arte Minimal de la Coll. Panza. 1989 Düsseldorf, Galerie Hans Mayer. 1990 New York, Christine Burgin Gallery; New York, Sandra Gering Gallery; Stockholm, Lars Bohman. 1991 Los Angeles, Ace Gallery; Tokyo, Gallery 360; Wien, Galerie Hubert Winter. 1992 Eindhoven, Hetapollohuis; Tokyo, Person´s Weekend Museum. 1993 Los Angeles, Ace Gallery; Tokyo, Gallery 360; Los Angeles, Museum of Contemporary Art (Outdoor Installation); Lund, Anders Tornberg Gallery; Brookville, New York, Hillwood Art Museum (Edward Albee's Other Eye); Knokke-Zoute, Andre Simoens Gallery; Paris (La Defense), Galerie Art 4 et Galerie de l'Esplanade; Dijon, Le Consortium (Pieces au Sol); Wien, Galerie Hubert Winter. 1994 Paris, Galerie Renos Xippas; Brüssel, Galerie One Five; Wien, Galerie Hubert Winter; New York, Ace Gallery. 1995 Tours, C.C.C.; Southampton, John Hansard Gallery; Lund, Konsthall; Lund, Anders Tornberg Gallery. 1996 Genf, MAMCO. 1997 Budapest, Museum Ludwig. 1998 Galerie Hubert Winter, Berlin. 1999 Galerie Hubert Winter, Wien.

Bibliographie:
Richard Nonas. Get Out, Stay Away, Come Back. A propos de sculpture et de la sculpture en oeuvre. Dijon 1995. - écrits d'artistes.

Zur Ausstellung erscheint das Künstlerbuch 'Richard Nonas. A Hundred Thirty Five Eskimo Nights' in einer Normalausgabe von 300 signierten und numerierten Exemplaren und einer gebundenen Vorzugsausgabe von 135 numerierten und signierten Exemplaren mit einer beigelegten Originalzeichnung.

  • Review: Die Presse, 10.1999 (PDF)