Galerie Hubert Winter

Stephen Skidmore
30. Jänner – 7. März 2009
Ich erinnere mich, daß ich einmal mit meinem Freund Milton Klonsky die Straße entlangging; wir unterhielten uns gerade sehr ernsthaft über Bücher, als wir an einem wunderschönen Mädchen vorbeiliefen. SIe mußte die Bewunderung in meinem Gesicht gesehen haben, denn sie lächelte, ein kleines verschwörerisches Lächeln. Ich brach meinen Satz in der Mitte ab und lief ihr nach, was Milton erzürnte. Ich konnte ihm nicht begreiflich machen, daß ich in ihr, als sie lächelte, fleischgewordene Bedeutung sah.
Die letzten Zeilen. In: Anatole Broyard, Verrückt nach Kafka. Dt. v. C. Asman und U. Enzensberger. Berlin, Berlin Vlg., 2001.

Late in the Afternoon

Stephen Skidmore lebt und arbeitet seit über dreißig Jahren auf kleinstem Raum in London. Anfangs entstanden Gouachen und Acrylbilder, dann begann er Öl zu verwenden. Man könnte vier Ausstellungen mit all den Arbeiten füllen. Seine Vermieterin verbot ihm zu Beginn Bilder an die Wand zu hängen, also musste er sie unterm Bett verstauen. Dafür ist es nun zu spät.

Wir trafen uns in den berauschenden Anfangszeiten der Concept Art an der Nottingham School of Art, an der weder Kurse zur Diskussion noch Anleitungen zu Malerei angeboten wurden. Steve errichtete in seinem Studio ein funktionierendes ganztägiges Frühstückscafé. Internationale Studenten und Professoren dachten, dass er direkt von Gordon Matta-Clark und Les Levine beeinflusst wurde, aber woher sollte er von ihnen gehört haben? Nein, es war ein gänzlich 'englisches' Statement. Am Ende des Tages ging er dann nach Hause in sein Zimmer und brachte sich das Malen selbst bei.

Rüdiger Schöttle und Jörg Johnen als auch Laure Genillard haben ihn in den 1990er Jahren ausgestellt und seine Arbeiten waren in vielen Gruppenausstellungen vertreten. Als der Bildhauer Tony Cragg Steve's plastic bottle paintings Mitte der 1980er sah, wollte er ihn beauftragen, all seine eigenen Arbeiten / Skulpturen malerisch zu dokumentieren. Diese Flaschenbilder beschäftigten Steve für lange Zeit, höchstwahrscheinlich 25 Jahre, bis ein zweites Thema hinzukam: Pendler am Bahnsteig, 'Late in the Afternoon'.

Stephen Skidmore benötigte eine Pause von dieser gnadenlosen Akkumulation von Bildern.

Von seinem Wohn-Schlaf-Raum aus in der Avenue Crescent in Acton, West London - der neuestens aus Mietgründen euphemistisch zum 'studio apartment' umbenannt wurde - malt er in letzter Zeit, durch den am Fenster herab laufenden Regen blickend, verzerrte Straßenszenen. Es sind starke neue Bilder, mit mehr als nur einer flüchtigen Ähnlichkeit zu den breiten Pinselstrichen eines späten Sickerts, auch in ihrem Sujet. In all den Sequenzen und in ihrer Serialität sind diese rain paintings angelehnt an Fotografie und Film, wie in den seriellen Figurationen von Michael van Ofen und Wolfgang Koethe.

Steven ist das Modell, wenn nicht sogar der Cartoon eines 'Dachkammer-Künstlers', aber er war immer ein zeitgenössischer Künstler mit seiner Malerei, ganz nach Baudelaires 'Der Maler des Modernen Lebens' (1863). Selbst aus der Distanz eines adäquaten Platzes würde er weiter aus dem Fenster den Regen in Acton fallen sehen.

(Simon Cutts, August 2008)


Stephen Skidmore

geboren 1950 in Newcastle under Lyme, Großbritannien
lebt in London

2008 - Galerie Hubert Winter, Vienna
2007 - Certain Trees – Coracle, Van Abbe Museum, Eindhoven
1997 - Interiors, Cairn Gallery, Nailsworth; Pittura, Castello di Rivoli, Turin
1996 - Galerie Monika Reitz, Frankfurt
1995 - Simple&Pure, Laure Genillard, London; Now Wash Your Hands, Arnolfini, Bristol; Stephen Skidmore & Elka Denda, Johnen/Schöttle, Köln
1992 - Galerie Rüdiger Schöttle, Paris
1991 - Johnen/Schöttle, Köln
1990 - Galerie Rüdiger Schöttle. München
1984 - Low Tech, Rees Martin, London
1983/84 - Tolly Cobbold Eastern Arts 4th National Exhibition, Essex
1982 - Nineteen Vessels, Coracle Press Gallery, London
1978 - Foundlings Coracle Press Gallery, London
1977 - Pencil Line and Watercolour, Coracle Press Gallery, London; Miniatures, Coracle Press Gallery, London
1975 - The Wheatherhouse and Other Works, Midland Group Gallery, Nottingham

  • Review: artmagazine.cc (PDF)
  • Review. Die Presse 26.2.2009 (PDF)
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