Galerie Hubert Winter

Marcelle Cahn, Tina Lechner
et le réel impossible
27. Juni – 30. August 2014
Gute Nacht, sagte ich, oder besser: Adieu. Wem oder was sagte ich adieu? Ich wußte es nicht recht, aber genau das wollte ich laut sagen. Adieu und allen eine gute Nacht, wiederholte ich. Ich legte den Kopf in den Nacken und betrachtete den Mond.
Die letzten Zeilen. In: Antonio Tabucchi, Lissabonner Requiem. Dt.v. K. Fleischanderl. Mchn, Hanser, 1994.

Die künstlerische Laufbahn von Marcelle Cahn (Straßbourg 1895 – 1981 Neuilly-sur-Seine) deckt sich im Wesentlichen mit der Entwicklung der europäischen Malerei des 20. Jahrhunderts, wobei ihr Werk im Kubismus einen neuen Höhepunkt erreicht. Als Mitglied der Künstlervereinigung „Cercle et Carré“ (Mondrian, Arp, Léger, Kandinsky, u.a.) die sich einem strengen puristischen Konstruktivismus verpflichtet, entwickelt Marcelle Cahn abstrakte Kompositionen, gekennzeichnet durch Zylinder, Kreise und Rechtecke die von einem markanten und reinen Rhythmus sprechen. Im Medium der Collage schafft sie es Abstraktion und Figuration zu vereinen.
Michel Seuphor schreibt 1971 dazu: „Die Collagen von Marcelle Cahn sind wie ein Theater ohne Vorhang, ohne Schauspieler, ohne Thema, aber dafür voller Überraschungen. Seit langem schon erliege ich ihrem Charme. Er lässt nie nach. Welches Format ihre Arbeiten auch immer haben mögen – manchmal sind es Miniaturen- sie wirken immer monumental. Der Blick des Betrachters träumt sie sich groß.“
Ab etwa 1960 entsteht dieses aufregende Spätwerk, das von einer sehr sanften, persönlichen und intimen Formensprache bestimmt ist.

Die Werke von Marcelle Cahn stehen im Dialog mit den Arbeiten der österreichischen Künstlerin Tina Lechner (geb. 1981 in St. Pölten). Sie konzentriert sich dabei auf die klassische analoge Fotografie. In ihrem Atelier entwickelt sie nach einem langen Prozess der Kreation mit eigenen Requisiten ihre schwarz-weiß Fotografien. In detaillierten Abfolgen erschafft sie Skulpturen, anorganische körperliche Objekte aus Papier, welche die Körper ihrer weiblichen Modelle überlagern. Das Modell oder Subjekt wird zu einer Art Objekt. Tina Lechners Fotografien geben eine frische und neue Interpretation klassischer Fotoästhetik innerhalb bereits bestehender Traditionen.

  • Sanfte Geometrie, surrealistisch verfremdet. Die Welt. 2.August 2014 von Astrid Mania (PDF)